Entschleunigung und Beschleunigung

Das Sauerland, habe ich ja schon erwähnt macht aus uns so richtige Feizeitaktivisten. In Frankfurt habe ich uns schon fauler in Erinnerung gehabt.Meist unternimt man etwas innerhalb seines Stadtteils. Warum auch das Auto anmachen, ist anstrengend mit zwei Kids und ob man dann später einen Parkplatz bekommt ist auch die Frage. Hier im Sauerland, mit zwei Autostellplätzen quasi vor der Haustür stellt sich diese Frage schon mal nicht.  Also fuhren wir am Samstag ins Möbelhaus in das 30 Km entfernte Hamm. Ein riesiges Möbelhaus, das einen Häuserblock von Frankfurt füllen könnte und somit gut und gerne über 300 Menschen Minimum Wohnraum schenken könnte. Aber im Sauerland gibt es kein Wohnraumproblem, im Gegenteil! Eher flüchten junge Menschen in die hippen Städte wie Köln und Düsseldorf und natürlich auch die etwas entlegeneren, um diese jetzt nicht auch noch aufzuzählen. Aber ein paar bleiben, oder kommen sogar zurück. Es gibt bei Facebook sogar eine dafür extra erstellte Gruppe. „Heimvorteil Hochsauerland“ Für Rückkeher und für die neu Zugezogenen gibt es die “ Neu im Hochsauerlandkreis“ Gruppe. Da tauschen sich die Leute aus, um Menschen kennen zulernen. Auch ich habe mich daran schon versucht, denn als ich hörte das eine Frankfurterin nach A. zugezogen ist, habe ich einen Aufruf gestartet. Leider außer ein paar Typen die sich bei „Frankfurterin“ angesprochen fühlten, keine besondere Resonanz aus weiblichen Reihen. Naja aus dem Alter mir mit 40 einen „besten Freund“ zu suchen bin ich ehrlich gesagt raus, außer er ist schwul. Und männliche gute oder beste Freunde konnte ich mir glücklicherwiese erhalten, so dass da nun kein weiterer Bedarf besteht, an solchen Kontakten aufzubauen. Also löschte ich meinen Aufruf schleunigst wieder, bevor da noch mehr unangemessene Anfragen reingekommen wären.

Zurück zum Möbelhaus, ein Spielparadies für unsere Tochter und der Schlechtwettertipp für alle Eltern. Also wir waren jetzt nicht beim „Schweden“, aber Leo und wir hatte trotzdem Megaspaß.  Die Möbelberater waren alle super nett und als wir uns einfach mal chillend in der Gartenmöbelabteilung in die Hängematten legten und die Leo eine Weber Grill Attrappe für sich entdeckt hatte und uns nun Würstchen grillen wollte, blieben wir einfach liegen. Da kam dann natürlich der nette Verkäufer, aber der war einfach nur nett und unterhielt sich mit uns, ganz selbstlos, ohne das Gefühl zu haben er denke,“hier jetzt mal raus aus den Matten,oder kauft sie einfach ihr Idioten, brauche die Provision noch für den Monat, und passt mal auf eure Blagen auf, die nimmt uns hier das Inventar auseinander“, Nein im Gegenteil, wir hatten einen nette kleine Smalltalk Runde und er erzählte von seinen Nichten und das das Möbelhaus von einem Porschedesigner konzipiert wurde und es war einfach nur nett. Da flüchtete ich die letzten Jahre aus diesem Kleinstadtod, um die Anonymität und Freiheit zu suchen und merke nun, vielleicht wollte ich die ja am Ende gar nicht. Das fühlt sich nämlich gut an, wenn man sich mit Menschen unterhält, die sich für einen interessieren. Das ist menschenfreundlich und ich habe das die letzten Jahre ein wenig verlernt glaube ich.Wir bemerkten auch, durch die Weitläufigkeit des Möbelhauses war es nicht so voll und Leo tollte die Gänge entlang und besonders die Kinderabteilung mit den ganzen Hochbetten und Rutschen und kleinen Schaukeltieren waren für sie der Hit. Kinderbetreuung gab es da zwar auch mit einem sehr schönen Spielebereich, aber dafür ist sie noch zu klein.

Am nächsten Tag, das Wetter war herrlich, die Sonne schien, einfach perfekt zum rausgehen. Also beschlossen wir nach Dortmund zu fahren in den Zoo. Man ist von A. in einer halben Stunde knapp 40 Minuten in Dortmund. Da habe ich nicht schlecht gestaunt. Und der Zoo, der war auch super. Wie schon am gestrigen Tag im Möbelhaus war es nicht so voll, was die Menschenzahl betrifft. Viele der Tiergehege waren ganz niedlich und mit viel Liebe zum Detail gestaltet worden. Es ist ein kleiner Zoo, aber für so kleine Kinder wie wir sie haben, genau perfekt. Besonders beeindruckend waren die Giraffen, an die kam man so nah, dass man ihren Atem beinahe spürte, das fand selbst ich total aufregend. Und mein Highlight waren die Faultiere. Irgendwie liebe ich Faultiere, die sind zwar irgendwie hässlich, aber irgendwie finde ich die so knuffig. Diese waren untergebracht in einem Häuschen für sogenannte „Freigänger“. Diese hatten kleine strohbefüllte Kojen und weiter oben unterhalb der Decken waren Seile zum Klettern gespannt. Und dann bemerkte ich es, ich hatte Glück, denn die Kleinen schlafen ja die meiste Zeit des Tages. Eines war wach und bewegte sich  gaaaanz    laaaaaangsaaaaam. Toll!

Es war ein schöner Sonntag den wir alle gemeinsam verbracht haben. Dieses Sauerland entschleunigt uns alle immer mehr, das haben T. und ich bemerkt.

Morgens wurde ich dann allerdings von einem Alptraum geplagt. Ich träumte, dass ich den Müll nicht rausgestellt hätte. Und dann wachte ich auf, es war schon 8 Uhr morgens. Ich muss dazu sagen, ich lage mit meinem Sohn Max von 5- 7 Uhr wach im Bett , er hat zur Zeit die „Mitten in der Nacht Plapperitis“ und  er wurde dann doch noch mal Müde, ich auch! Also schreckte ich aus dem Müllalbtraum auf und dachte nur SCH….! Kein Traum! Heute ist ja der 5.3. Zeit für die Biotonne! Gestern abend hätte ich…..Mist! Also hechtete ich runter zog schnell einen Wollmantel über, sprang in meine Boots, schnappte mir die Tonne und rannte so schnell es ging zur Straße, um die Tonne dort in Linie zu parken. Aber ich war zu spät. Die Tonnen standen nicht mehr brav in Linie und mir war klar was das bedeutete. Ich hab die Müllabfuhr verpasst. Katastrophe! Jetzt musste ich wieder geschlagene 2 Wochen warten, bis der Biomüll abtransportiert würde, so ne verdammte Sch…. dachte ich nur noch und trottete betrübt und sauer die 100 Meter mit der vollen Tonne wieder zurück zum Haus.Ich fand es bisher ja immer toll nicht direkt an der Straße zu wohnen, aber nun, wo man den Müll immer zur Straße bringen muss und es dafür keinen Dienst gibt nervt es mich ja schon ein wenig.

Seit über 20 Jahren musste ich mich als Städterin um sowas nicht kümmern. Da gibt es dann einen Hausmeisterdienst, oder die Müllabfuhr holte sich die Tonne selbst heraus. Und nun muss ich nach einem hoch komplizierten Müllabholungskalender, den ich mir extra gedownloaded habe, aber auch in papierform in die Küche gehängt habe, richten und die Mülltonnen auch noch selbst rausbringen. Ich habe mir dazu eigens auch eine MüllerinnerungsApp runtergeladen, die mich eigentlich einen Tag früher daran erinnern sollte- versagt-Mist! Ich war so stolz, dass ich die letzten Wochen den  Müll pünktlich wie alle anderen Sauerländer auch, schon am Abend zur Straße brachte. Meine neue Nachbarin bemerkte auch und sagte eines Tages zu mir, wie man die Papertonne richtig hinstellt und zwar mit der Klappe nach vorn und nicht mit dem Griff, das wäre nur bei der Papiertonne so und wenn man sich nicht daran halte, dann lassen die die Tonne voll stehen. Ich wußte nicht ob ich lachen sollte, aber dann sagte ich nur, oh dann hatte ich wohl Glück an dem Tag. Aber da sagte sie freundlich, “ nein, die wurde abgeholt, weil ich sie dir umgedreht habe“, da war ich aber echt baff. Ich fand das echt nett. Ich meine das jetzt an der Stelle nicht ironisch. In Frankfurt wäre das den meisten doch total egal was mit der Nachbarstonne passiert, aber hier macht man sich Gedanken um den Anderen, das finde ich schön. Wenn ich sie noch dazu bringen könnte meine Tonne mitzunehmen…, nein weg mit dem Gedanken, will ja nicht unverschämt werden.

Ja der Müllkalender, der wurde sicherlich ist bis ins kleinste Detail von der Stadt in einer eigens dafür angelegten Müll Task Force mit dem Namen „Operation Waste Away“ ausgetüftelt, man hat quasi jede Woche etwas zu tun. Dem Arnsberger Bürger wird so garantiert nicht langweilig. Einmal im Monat die Restmülltonne, alle zwei Wochen gelbe Säcke und Biotonne und einmal im Monat die Papiertonne, natürlich alles so zeitlich versetzt, dass man jede Woche etwas rausstellen muss. Anstrengend, vorallem immer an anderen Tagen, das muss man sich ja irgendwie merken. Montagss Biomüll und Restmüll, Donnerstags Gelbe Säcke und Papier, das ist echt ne Herausforderung für meinen Geist. Früher habe ich mir um diese Mülltrennung nicht soviel Gedanken gemacht muss ich ehrlich gestehen, hab einfach gemacht, aber jetzt bin ich da sehr sehr akribisch. Mülltrennung meine neue Religion! Und wehe ich vergesse es das nächste mal wieder, dann aber mal 10 x die Abholzeiten der Monate April bis  Juni aufsagen. Amen! Ähm, Woll!

Interview zur Gruppe „Heimvorteil Hochsauerlandkreis“

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